Dienstag, 19. Februar 2008

Widder oder wiedeeer??

"Es sind nun schon volle fünf Tage, daß ich Dich nicht gesehen habe. Soll es eine volle Woche werden?
Und ich dachte, Du müßtest den andern Tag wiederkommen, so glücklich war ich den Abend.
Und Du warst so lieb und gut. Mutter neckt mich schon und sagt: "Er kommt nicht wieder."

Ach, wie mir das immer einen Stich ins Herz gibt, weil es ja mal so kommen muß und weil ich fühle, daß es jeden Tag kommen kann."

Dieses nette kleine Textstück aus Theodor Fontanes "Irrungen, Wirrungen" habe ich soeben in einer Sprecherkabine eingesprochen. Für eine Weile war ich jemand anders. Ich war Lene Nimptsch. Und verliebt in Botho von Rienäcker. Wissend, dass es keine Chance für unsere Liebe gibt, doch dennoch sehnsüchtig und nicht ganz hoffnungslos träume ich von einem Wiedersehen.

Was sich so schön schnulzig romantisch sehnsüchtig anhört, muss auch erstmal so gesprochen werden. Ich weiß nicht, wie oft ich den Text gelesen habe. Eigentlich müsste ich ihn inzwischen auswendig können; kann ich aber nicht.

"Entspann dich!", "Sprich ruhiger!" "Sprich langsamer! Es sollten nicht mehr als 30 Sekunden werden.", Nee, doch schneller!" ... So ging das Einsprechen los. Kein Problem; das lässt sich regeln!

Schwieriger wurde es anschließend: "Sehnsüchtiger!", "Stell' dir deinen Liebsten vor!" ( öööhh...), "Erzähl' es deinem Teddy!"
... Hmm, ich habe weder das eine, noch das andere, dachte ich mir. Aber man kann ja improvisieren. Warum besitze ich eigentlich keinen Teddy? Ich habe ein kleines Äffchen und einen Frosch(könig). Das reicht! Ich brauche also gar keinen Teddy! Dennoch habe ich schließlich, allein und abgeschottet in meiner saunaartigen Sprecherkabine sitzend, einen imaginären Stoffteddy vor meinem geistigen Auge erscheinen lassen. Er ist ca. 50 cm groß, schlank und aus hellbraunem gekräuseltem Stoff. Weich und trotzdem fest. Er hat braune Knopfaugen und ein freundliches (Bindfaden)Lächeln. Seine Ohren sind klein und niedlich. Ich habe ihm keinen Namen gegeben. Er heißt ja schließlich schon Teddy. Das reicht. Diesem neugewonnenen Weggefährten habe ich nun sehnsuchtsvolle Worte vorgelesen. Hat es geholfen? Bestimmt! =) Zumindest habe ich nun einen Teddy! Oder doch nur die Vorstellung von einem Teddy? Immerhin hat diese Vorstellung einen Namen. Gestatten: Teddy

So weit, so gut... Inzwischen kam bei mir eine gewisse Routine auf. Und wie das so oft bei routinierten Aufgaben ist: Man wird nachlässig. Ertappt sich selbst beim Nuscheln. Schlurt rum. "Nicht schmatzen!", "Längere Pausen!", "Und sag das "wieder" anders!"...
Das "wieder" (es gibt zwei in der kurzen Textstelle) stellte sich als mein persönliches Ausspracheproblem heraus. Sollte ich tatsächlich eine Wieder-Schwäche haben? Es hörte sich in den Ohren der Anderen mehr nach einem "Widder" oder auch mal nach einem "Wiedaa" an. Schwupps stand unter meinem Sprechertext mit Kugelschreiber das Wort "wiedeeer". Meine eigene kleine Lautschrift zum Lernen der deutschen Sprache. Ob ich es inzwischen beherrsche? Keine Ahnung! In meinen Ohren klang es immer mehr nach Fremdwort.

Ich bin jedenfalls froh, nur ganz kurz in die Rolle der Lene geschlüpft zu sein, denn ich glaube, dass ihre Mutter Recht behalten wird. Er wird nicht kommen. Und sie weiß es eigentlich. So realistisch ist sie.

Ich für meinen Teil habe einen Teddy gewonnen und erfahren, dass meine Stimme ein wenig der deutschen Synchronisationsstimme von Scully (Akte X) ähnelt. Toll!

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